1. Die soziale Position des Fremden nach Georg SimmelGeorg Simmel versucht die Position des Fremden zu erklären. Mit 'fremd' ist nicht der Wandernde gemeint, der heute kommt und morgen wieder geht, sondern eher der 'potenziell Wandernde'. Als Beispiel redet er von Händlern, die vom Zwischenhandel von Produkten leben, die woanders erzeugt werden. Der Zwischenhändler ist also ein Fremder, dessen Position als Fremder sich verschärft, wenn er an dem Ort seiner Tätigkeit bleibt. Obwohl er nicht weitergezogen ist, hat er 'die Gelöstheit des Kommens und Gehens nicht ganz überwunden'.Die Angewiesenheit auf den Zwischenhandel gibt dem Fremden den spezifisc ...view middle of the document...
Der Fremde ist kein Bodenbesitzer, wobei mit Boden eine ideelle Stelle des gesellschaftlichen Umkreises gemeint ist. Alle persönlichen Verhältnisse basieren sich auf die Gleichheit von spezifischen Differenzen gegen das Allgemeine. Mit dem Fremden hat man aber nur bestimmte, allgemeinere Qualitäten gemein. Die gemeinsamen Elemente sind gemeinsam, weil sie überhaupt einer Gruppe, einem Typus oder der Menschheit gemeinsam sind. So eine Gleichheit weist nicht grade diese Elemente aufeinander hin, denn diese Gleichheit könnte mit allen möglichen anderen auch bestehen. Der spezifische, verbindende Charakter und das Einzigkeitsgefühl fehlen. Der Fremde ist uns nah, weil wir mit ihm nationale, soziale oder berufsmässige Gleichheiten besitzen mögen, aber er ist uns fern, denn diese Gleichheiten verbinden uns nur, weil sie überhaupt sehr Viele verbinden. Dies führt zur abnehmenden Wirksamkeit des Gemeinsamen. Weiterhin führt es zu einer besonderen Spannung der Elemente der Ferne und Nähe, und zu besonderer Betonung dessen, was nicht gemeinsam ist.Deswegen werden die Fremden oft nicht als Individuen gesehen, sondern als Fremden eines bestimmten Typus. Die nicht-allgemeinen Elemente bestimmen so die soziale Position des Fremden. Er ist ein organisches Glied der Gruppe, kommt gelegentlich mit jedem einzelnen Elementen in Berührung, aber ist mit keinem einzelnen durch die verwandschaftlichen oder lokalen Fixiertheiten verbunden.6. Norbert Elias, John L. Scotson - Etablierte und AussenseiterIn dem englischen Vorortgemeinde 'Winston Parva' begegnete man um 1960 einer scharfen Trennung einer alteingesessenen Gruppe und einer Gruppe von später Zugewanderten. Die Alteingesessenen haben sich im Hinblick auf ihre menschliche Qualität besser betrachtet und es ist ihnen sogar gelungen, die Neuankömmlinge dazuzubringen, an diesem Bild zu glauben.Die beiden Gruppen unterschieden sich nicht durch den sozialen Status oder die ethnische Herkunft. Doch die Alteingesessenen kannten sich seit einigen Generationen und hatten unter sich eine gemeinsame Lebensweise und gemeinsame Normen ausgebildet. Sie verfügten also über eine starke Kohäsion, die den Neuankömmlingen, die auch untereinander gegenseitig fremd waren, fehlte.Die Bewohner von Winston Parva erlebten den Zustrom neuer Nachbarn als eine Bedrohung ihrer Gruppenidentität oder ihres Gruppencharismas, auf den sie stolz waren und der für sie einen hohen Wert hatte. Deswegen schlossen sie ihre Reihen kollektiv gegen die Zuwanderer, um auf diese Weise das Wertvolle zu schützen. Als Waffe in dem Machtbalancekampf diente das Stigmatisierung der Neuen als minderwertig. Den Neuankömmlingen wurden die 'schlechtesten' Eigenschaften der 'schlechtesten' ihrer Teilgruppen zugeschrieben, während ihr Selbstbild durch die Minorität ihrer 'besten' Mitglieder geprägt war.Das Tabu des Verkehrs mit...